Vorschaubilder - Besitz von Kinderpornografie?

In vielen von uns betreuten Verfahren tritt ein Standardproblem auf: Elektronische Datenträger werden von der Polizei beschlagnahmt und im Verlaufe der kriminaltechnischen Untersuchung werden Vorschaubilder (sogenannte Thumbnails) entdeckt. Was bedeutet das nun, wenn man eben solche Bilder auf seiner Festplatte, dem Handy oder einer Speicherkarte hat? Nun, für die Staatsanwaltschaft und in der Regel auch für die Gerichte steht damit oftmals schon fest, dass ein Besitz von kinderpornografischen Material angenommen werden muss. Aber wie steht es um die technische Seite dieser Annahme. Rechtfertigt ein Vorschaubild insofern tatsächlich die Annahme iens Besitzwillens?

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Automatische Speicherung von Bildern

Die technische Entwicklung macht manch einem zu schaffen – nicht jeder versteht wirklich alle Abläufe in einem Computer – umso wichtiger, dass man eben hier als Fachanwalt für Strafrecht ansetzt und den Verfahrensbeteiligten die Abläufe erklärt. Nicht jeder bei der Polizei, Staatsanwaltschaft oder dem Gericht ist technisch versiert. Das darf aber nicht dazu führen, dass eine Verurteilung wegen Besitz von kinderpornografischen Schriften am Ende herauskommt.

Vorschaubilder automatisch erzeugt

Einige Betriebssysteme – wie zum Beispiel Windows – erstellen die Vorschaubilder automatisch. Das ist in den Standardeinstellungen des Betriebssystems so vorgesehen. Es handelt sich dann konkret um versteckte Systemdateien, die in den Standardeinstellungen unter dem Windows-Explorer gar nicht erst angezeigt werden. Werden original Dateien gelöscht, bleibt im Ergebnis aber ein thumbnail übrig, genauer gesagt eine Datei namens thumb.db. Dort sind die Vorschaubilder gespeichert und damit ist das kinderpornografische Material gegebenenfalls nach wie vor erhalten.

Kenntnis von den Vorschaubildern

Besitz

Als Betroffener weiß man oft gar nicht, dass sich eben diese Vorschaubilder noch auf dem Computer befinden. Und hier liegt auch der Schwerpunkt der Verteidigung. Es geht um die Frage, ob ein Besitzwillen vorliegt. Der Besitz- oder Herrschaftswillen in Bezug auf elektronisch gespeicherte digitale Bilder ist nämlich gesondert festzustellen.

Der typische Fall

Als Beschuldigter hat man im Internet wahllos pornografisches Material im Internet betrachtet. Dabei surfte man auf pornografischen Seiten und suchte erwachsenenpornografisches Material aller Art. Dabei folgt man wiederum Links auf weitere Seiten. Dort landet man dann auf Seiten mit Vorschaubildern („Thumbnails” – in einer Größe von 5-15 KB), welche teilweise kinderpornografisches Material enthalten.

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 Besitzwille bei Laden einer Webseite mit Vorschaubildern

Besitz von kinderpornografischen Schriften setzt von Herrschaftswillen getragene Sachherrschaft voraus. Jede Speicherform des elektronisch gespeicherten digitalen Bildes – hier: Ablage im Cache oder nicht mehr zuordnenbaren Bereich der Festplatte – genügt den objektiven Anforderungen an den Besitzbegriff, soweit der Täter über die Datei verfügen – sie z.B. ansehen, weiterleiten, wegklicken oder löschen – kann. Der Besitz- oder Herrschaftswillen in Bezug auf elektronisch gespeicherte digitale Bilder ist gesondert festzustellen. Aus dem Laden einer Website mit Vorschaubildern (Thumbnails) lässt sich nur auf den Besitzwillen schließen, wenn der Täter vor dem Herunterladen Kenntnis vom Inhalt der Website hatte, gezielt nach kinderpornografischem Material suchte, durch Anklicken eines Vorschaubildes ein Vollbild geladen hat oder seinen Herrschaftswillen sonst manifestierte

Vergleich mit einem Druckwerk (also z.B. einer Zeitschrift)

Die objektive Komponente des Besitzes wird oft vorliegen. Allerdings bedarf es zumindest beim Herrschaftswillen insoweit einer normativen Erheblichkeitsschwelle, als ein absolut flüchtiger Gewahrsam den Besitz nicht begründen kann. Wird jemandem unverlangt ein Druckwerk in die Hand gedrückt, das sich beim Durchblättern als Kinderporno darstellt, hat diese Person keinen Besitz, wenn sie das Druckwerk unverzüglich entsorgt oder bei der Polizei abliefert. Gleiches gilt im digitalen Bereich, wenn jemand eine Website öffnet, sofern er nicht konkret um deren genauen Inhalt weiß. Der Nachweis der subjektiven Komponente wird daher meist nur gelingen, wenn entweder ein bewusstes Anfordern oder eine Manifestation des Herrschaftswillens erfolgt ist, nämlich das bewusste Abspeichern, das Weiterleiten oder das Folgen eines mit dem Bild überlegten Links. 

Kein Besitzwille, keine Verurteilung

Aufgefundene Bilder belegen nicht automatisch zweifelsfrei den vormaligen Besitz. Oftmals kann nicht widerlegt werden, dass man als Beschuldigter ohne vorherige Kenntnis des konkreten Inhalts jeweils nur Seiten mit Vorschaubildern geöffnet hat. Es kann aber eben nicht nachgewiesen werden, dass man diese konkreten Seiten bewusst angefordert hat. Zudem muss man im Zweifel auch davon ausgehen, dass diese Seiten tatsächlich unmittelbar wieder geschlossen wurden. Jedenfalls muss man in der Konsequenz dann advon ausgehen, dass der Beschuldigte tatsächlich niemals Vorschaubilder öffnete und so Vollbilder herunterlud. Ein Herrschaftswille ist damit in der Regel nicht nachzuweisen. Denn allein der objektive Umstand, dass eine Seite mit kinderpornografischen Vorschaubildern flüchtig geöffnet und wieder geschlossen wurde, belegt noch nicht den Herrschaftswillen. 

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